Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: OVG Lüneburg 6. Senat | 6 LD 2/18 | Urteil | Disziplinarrecht der Bundesbeamten

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Der Zweck von Disziplinarmaßnahmen erschöpft sich nicht in der Pflichtenmahnung. Sie verfolgen auch die Zwecke der Generalprävention, der gerechten Gleichbehandlung der Ruhestandsbeamten mit den aktiven Beamten und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes (BVerwG, Urteil vom 15.8.2000 – BVerwG 1 D 44.98 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Urteil vom 14.1.2020 – 3 LD 9/18 -). Die Anforderungen in § 13 BDG konkretisieren die Verfassungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Schuldprinzips, die uneingeschränkt auch bei Ruhestandsbeamten zu beachten sind. Die Regelung in § 13 Abs. 2 Satz 2 NDiszG, wonach einem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt wird, wenn er als aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, stellt aus Gründen der Gleichbehandlung sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines im aktiven Dienst begangenen schweren Dienstvergehens, das ihn als Beamter untragbar macht und deshalb zur Auflösung des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit führen muss, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Ebenso wie die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dient die Aberkennung des Ruhegehalts der Wahrung der Integrität des Berufsbeamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes (BVerwG, Beschluss vom 23.1.2013 – BVerwG 2 B 63.12 -, juris Rn. 10 m. w. N.; Nds. OVG, Urteil vom 14.1.2020 – 3 LD 9/18 -). Der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass ein Beamter, der nach Begehung eines zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führenden Dienstvergehens aus anderen Gründen in den Ruhestand versetzt wird, nicht bessergestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (Nds. OVG, Urteil vom 27.5.2008 – 20 LD 5/07 -, juris Rn. 64 m. w. N.; Urteil vom 14.1.2020 – 3 LD 9/18 -; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Band 1, Stand: November 2021, § 13 BDG Rn. 68 ff.). Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen (Nds. OVG, Urteil vom 27.5.2008, a. a. O., Rn. 64; Urteil vom 14.1.2020 – 3 LD 9/18 -). Das eine disziplinarrechtlich angezeigte Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts nicht durch eine überlange Verfahrensdauer in Frage zu stellen ist, folgt mittelbar auch aus der Regelung des § 15 BDG, in der im Gegensatz zu anderen Disziplinarmaßnahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts von dem Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen sind (Gansen, a. a. O., § 13 BDG Rn. 69). Zudem hat das Bundesverfassungsgericht die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, dass seine Rechtsauffassung zur Möglichkeit einer mildernden Berücksichtigung einer überlangen Verfahrensdauer in Fällen einer gebotenen Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis sich auch auf die Aberkennung des Ruhegehalts erstreckt, für vertretbar gehalten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.1.2013 a. a. O., Rn. 6).

Quelle : Niedersachsen.de

Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de

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