Rechtsprechung | Nds. Landesjustizportal – Dokument: VG Braunschweig 2. Kammer | 2 A 351/19 | Urteil | Kein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne bei der Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylG

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen seines Verfahrens „im weiteren Sinne“ nach § 51 Abs. 5 VwVfG i. V. m. den §§ 48 und 49 VwVfG. Die Regelung ist für die Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylG – wie bei Entscheidungen über Folgeanträge nach § 71 AsylG – nicht anwendbar (für die insoweit identische Regelung für Folgeanträge ebenso BVerwG, Urteil vom 21.03.2000 – 9 C 41/99 -, juris Rn. 10 = BVerwGE 111, 77; BVerwG, Urteil vom 15.12.1987 – 9 C 285.86 -, juris Rn. 20 = BVerwGE 78, 332 – zu § 14 AsylVfG a.F. -; VG Karlsruhe, Urteil vom 11.05.2021 – A 8 K 13288/17 -, juris Rn. 35; VG Trier, Urteil vom 04.05.2021 – 1 K 1102/21.TR -, juris Rn. 49; VG Wiesbaden, Urteil vom 30.04.2021 – 6 K 470/19.WI.A -, juris Rn. 34; so im Ergebnis auch Marx, AsylG, 10. Aufl., § 71 Rn. 98; a.A. wohl VG Berlin, Urteil vom 14.02.2022 – 12 K 155/21 A -, juris Rn. 40; zum Streitstand s. auch Dickten in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.04.2022, § 71 AsylG Rn. 24). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG. Danach ist ein weiteres Asylverfahren auf einen Zweitantrag nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen. Die Regelung in § 51 Abs. 5 VwVfG wird damit – wie in der Vorschrift über Folgeanträge in § 71 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG – ausdrücklich nicht in Bezug genommen. Das entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, die – wie die Regelung über Folgeanträge – zugunsten des Prinzips der Rechtssicherheit und aus Gründen der Verfahrensökonomie gewährleisten soll, dass die Asylbehörde nicht in jedem Fall auf einen weiteren, nach rechtskräftiger Entscheidung über ein Asylgesuch gestellten Asylantrag ein Asylverfahren erneut vollständig durchführen muss. Die für Zweit- und Folgeanträge vorgesehene beschränkte Prüfung soll „endlose“ Asylverfahren verhindern, die sich daraus ergeben, dass immer wieder neue, in der Sache zu prüfende Asylanträge gestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.1987, a.a.O., Rn. 22). Dies soll auch der durch das fortgesetzte Stellen von Asylanträgen ermöglichten faktischen Aufenthaltsverfestigung entgegenwirken (vgl. auch Dickten, a.a.O., § 71 Rn. 2 f.). Nur wenn die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen verwaltungsbehördlichen Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG, insbesondere die Wiederaufnahmegründe nach § 51 Abs. 1 VwVfG gegeben sind, soll der Rechtsbeständigkeitsaspekt ausnahmsweise hinter das Richtigkeitsinteresse zurücktreten. Diese Beschränkung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Sie stellt eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Begrenzung des Rechtsschutzanspruchs des Asylsuchenden aus den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.06.1986 – 2 BvR 569/86 -, NVwZ 1987, 487, 487 – zum Folgeantragsverfahren -). Dies gilt auch deswegen, weil das Bundesamt für die erneute Entscheidung zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG die Voraussetzungen des § 51 VwVfG in vollem Umfang zu prüfen und damit auch die durch § 51 Abs. 5 VwVfG eröffneten Korrekturmöglichkeiten im Fall einer etwa drohenden Verletzung elementarer Menschenrechte in den Blick zu nehmen hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 21.03.2000, a.a.O.; Marx, a.a.O., § 71 Rn. 98). Auf dieser Grundlage hat das Bundesamt auch im vorliegenden Fall ein Abschiebungsverbot festgestellt.

Quelle : Niedersachsen.de

Bilder: Titel Symbolbilder Niedersachsen by Pixabay.com / Niedersachsen.de

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