Strafrechtliche Sanktionen greifen tief in die Grundrechte der Betroffenen ein. Ziel der Sanktion sollte es dabei zuvörderst sein, dass der oder die Verurteilte den Weg zurück in die Gesellschaft findet und nicht erneut straffällig wird. Daher hat die Ampel im Koalitionsvertrag vereinbart, das Sanktionensystem entsprechend zu überarbeiten.
Reform der Ersatzfreiheitsstrafe
Der Entwurf sieht erstens eine Reform der Ersatzfreiheitsstrafe vor. Verurteilte, die die ihnen auferlegte Geldstrafe nicht zahlen, müssen nach derzeitiger Rechtslage pro Tagessatz einen Tag Freiheitsstrafe verbüßen. Nach dem Gesetzentwurf soll nun ein Tag Freiheitsstrafe zwei Tagessätze tilgen. Das erleichtert die Resozialisierung, da sich die Zeit halbiert, die Verurteilte wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe inhaftiert sind.
Gleichzeitig sinken die Kosten, die durch die Unterbringung in den Justizvollzugsanstalten entstehen. Problematisch bleibt aus Sicht von uns Grünen im Bundestag jedoch, dass die Ersatzfreiheitsstrafe Menschen benachteiligt, die aus finanziellen Gründen ihre Geldstrafe nicht zahlen können. Eine Ersatzfreiheitsstrafe bedeutet – unabhängig von ihrer Dauer – eine Stigmatisierung und führt bei den Betroffenen häufig zu einem sog. Inhaftierungsschock.
Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass nur Menschen, die ihre Geldstrafe nicht zahlen wollen, eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen müssen. Außerdem muss – insbesondere bei Menschen mit sehr geringem Einkommen – die Tagessatzhöhe ihre tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit widerspiegeln, damit sie überhaupt die Möglichkeit haben, die Geldstrafe zu bezahlen.
Strafzumessung wird erweitert
Zweitens soll nach dem Entwurf die Regel der Strafzumessung so ergänzt werden, dass auch „geschlechtsspezifische, gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Tatmotive bei der Höhe der Strafe besonders mit zu berücksichtigen sind. Diese Regelung gilt bereits für rassistische und antisemitische Motive und wird nun erweitert.
Damit rücken wir Formen der Hasskriminalität mit in den Fokus, die lange ignoriert oder bagatellisiert wurden. Aber auch bei Sexualdelikten oder bei Femiziden wird die neue Regelung eine große praktische Bedeutung haben. So wird klargestellt, dass abwertendes und diskriminierendes strafbares Verhalten besonders verwerflich ist. Durch die Gesetzesänderung werden auch die Strafverfolgungsbehörden dazu angehalten, diese Motive bei ihren Ermittlungen besonders zu beachten.
Maßregel- und Justizvollzug
Der dritte große Bereich ist der Maßregelvollzug nach § 64 Strafgesetzbuch. Personen, die eine Tat im Rausch begehen oder deren Tat auf eine Suchterkrankung zurückgeht, werden demnach unter bestimmten Voraussetzungen in einer Entziehungsanstalt statt in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht. Durch die Gesetzesänderung sollen die Anforderungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erhöht werden, so dass diejenigen Personen einen Platz in einer Entziehungsanstalt erhalten, die tatsächlich einer Suchtbehandlung bedürfen.
Es ist jedoch zu befürchten, dass durch die höheren Voraussetzungen in Zukunft mehr behandlungsbedürftige Personen im Justizvollzug untergebracht werden, in denen häufig eine unzureichende Gesundheitsversorgung besteht. Das Kapazitätsproblem wird also möglicherweise nur verschoben. Daher setzen wir uns für eine grundlegende Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Maßregel- und im Justizvollzug ein, damit alle inhaftierten Menschen die Behandlung erhalten, die sie benötigen.
Gerichtliche Anweisungen
Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf vor, dass Gerichte Verurteilte zu einer psychiatrischen, psycho- oder sozialtherapeutischen Behandlung anweisen können. Die Möglichkeit, gemeinnützige Arbeit aufzuerlegen, wird ebenfalls ausgebaut. Dies haben wir als grüne Bundestagsfraktion seit langem gefordert.
Neben vielen guten und wichtigen Änderungen, die der Gesetzentwurf umfasst, sind an einigen Stellen aus unserer Sicht weitere Anpassungen notwendig, um das Sanktionensystem effektiv und umfassend zu verbessern und gerechter zu gestalten. Hierfür werden wir uns im parlamentarischen Verfahren einsetzen.
Original Quelle: Bündnis 90 / Die Grünen
Bilder Quelle: Pixabay / Copyright Bündnis90/Die Grünen
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