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Verfahrensinformation
Schließung von Gastronomiebetrieben, Fitnessstudios sowie Anlagen des Freizeit- und Amateursportbetriebs durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 30. Oktober 2020
Die Antragstellerin betreibt ein Gesundheits-, Sport und Freizeitcenter, zu dem u.a. ein Restaurant, ein Hotel, Tagungsräume, ein Fitnessbereich sowie ein Ballsportbereich gehören. Sie wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (SächsCoronaSchVO) vom 30. Oktober 2020, soweit diese in § 4 ein Verbot von Übernachtungsangeboten für touristische Zwecke sowie die Schließung von Gastronomiebetrieben, Fitnessstudios sowie Anlagen des Freizeit- und Amateursportbetriebs vorsah.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die angegriffene Vorschrift sei im Hinblick auf das Unternehmen der Antragstellerin kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit. Es sei eine von sachlichen Erwägungen getragene Entscheidung gewesen, einzelne Lebens- und Wirtschaftsbereiche herunterzufahren, um andere Bereiche, denen nachvollziehbar größeres Gewicht beigemessen worden sei, am Laufen zu halten. Der Betrieb der Antragstellerin, für den es keinen unaufschiebbaren Bedarf gegeben habe, hätte nicht nur Ansammlungen von Menschen hervorgerufen, sondern zusätzliche Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg zu und von der Einrichtung geschaffen, denen auch mit Hygienekonzepten nicht hätte begegnet werden können. Der Schutz vulnerabler Gruppen habe nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden können. Das Betriebsverbot in der angegriffenen Verordnung sei zunächst nur auf vier Wochen begrenzt gewesen. Zudem sei der Eingriff durch staatliche Hilfeleistungen gemildert worden.
Auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liege nicht vor. Die Ungleichbehandlung gegenüber den weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen sei angesichts bestehender Unterschiede hinsichtlich der epidemiologischen Rahmenbedingungen, der zu berücksichtigenden Bedürfnisse größerer Teile der Bevölkerung sowie der wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Auswirkungen von Verboten in unterschiedlichen Bereichen sachlich gerechtfertigt gewesen.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Antragstellerin.
Pressemitteilung Nr. 38/2023 vom 16.05.2023
Schließung von Einrichtungen des Freizeitsports mit zugelassener Ausnahme durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 30. Oktober 2020 war rechtmäßig, die weitergehende Schließung von Fitnessstudios rechtswidrig
Die durch eine Ausnahme abgemilderte Schließung von Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 30. Oktober 2020 hatte im Infektionsschutzgesetz eine verfassungsgemäße Grundlage und war verhältnismäßig. Die Schließung von Fitnessstudios ohne diese Ausnahme war unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Die Schließung von Gastronomiebetrieben und das Verbot von Übernachtungsangeboten für touristische Zwecke waren nicht zu beanstanden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Antragstellerin betreibt ein Sport- und Freizeitcenter, zu dem u. a. ein Restaurant, ein Hotel, ein Fitness- und ein Ballsportbereich gehören. Ihr Normenkontrollantrag, mit dem sie die Feststellung begehrt hat, dass § 4 Abs. 1 Nr. 4, 6, 16 und 18 SächsCoronaSchVO* unwirksam waren, blieb vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts geändert und die Schließung von Fitnessstudios in Nr. 4 der Vorschrift für unwirksam erklärt. Im Übrigen hatte die Revision der Antragstellerin keinen Erfolg.
Die infektionsschutzrechtliche Generalklausel war bei Erlass der Verordnung und auch während ihrer zweiwöchigen Geltungsdauer eine verfassungsgemäße Grundlage für die angegriffenen Maßnahmen (vgl. PM Nr.). Die Verbote waren ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur pandemischen Lage, insbesondere zu deren dynamischer Entwicklung im Oktober/November 2020, verhältnismäßig und damit notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne von § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Das hat das Oberverwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen.
Dass Individualsport allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand in Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs, nicht aber in Fitnessstudios zulässig blieb, war unvereinbar mit dem Gleichheitssatz. Einen tragfähigen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt; er ist auch weder vom Antragsgegner vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Fußnote:
Auszug aus der SächsCoronaSchVO vom 30. Oktober 2020
§ 4 Schließung von Einrichtungen und Angeboten
(1) Verboten sind die Öffnung und das Betreiben mit Ausnahme zulässiger Onlineangebote von:
4. Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen, soweit sie nicht medizinisch notwendiger Behandlungen dienen,
6. Anlagen und Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand und des Schulsports. Dies gilt nicht für das für Individualsportarten organisierte Training sowie deren Sportwettkämpfe ohne Publikum sowie für Sportlerinnen und Sportler,
a) für die ein Arbeitsvertrag besteht, der sie zu einer sportlichen Leistung gegen ein Entgelt verpflichtet und dieses überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts dient, oder
b) die dem Bundeskader (Olympiakader, Perspektivkader, Nachwuchskader 1) und Nachwuchskader 2 des Deutschen Olympischen Sportbundes oder dem Spitzenkader des Deutschen Behindertensportverbandes angehören oder die Kader in einem Nachwuchsleistungszentrum im Freistaat Sachsen;
16. Busreisen und Übernachtungsangeboten für touristische Zwecke sowie Schulfahrten,
18. Gastronomiebetrieben sowie Bars, Kneipen und ähnlichen Einrichtungen. Ausgenommen ist die Lieferung und Abholung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken sowie der Betrieb von Kantinen und Mensen,
Auszug aus dem Infektionsschutzgesetz a.F.
(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige … festgestellt …, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, … soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. …
§ 32 Erlass von Rechtsverordnungen
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. …
BVerwG 3 CN 6.22 – Urteil vom 16. Mai 2023
Vorinstanz:
OVG Bautzen, OVG 3 C 54/20 – Urteil vom 30. Juni 2022 –
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