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Als das Grundgesetz am 24. Mai 1949 in Kraft trat, war die neuartige Institution „Bundesverfassungsgericht“ (BVerfG) im Grundgesetz nur bruchstückhaft ausgeformt. Es war in der Folge die Aufgabe des einfachen Gesetzgebers, Stellung und Struktur des Gerichts näher zu regeln. Mittlerweile hat sich das Gericht als Verfassungsorgan etabliert. Es ist für unseren Rechtsstaat als Garant der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unverzichtbar geworden.
Das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes war ein guter Anlass, um die verfassungsrechtliche Absicherung vorzunehmen und die Elemente, die den Status des Bundesverfassungsgerichts als Verfassungsorgan wesentlich prägen, im Grundgesetz deutlicher sichtbar zu machen. Bei anderen Verfassungsorganen wie dem Bundestag, dem Bundesrat, dem Bundespräsidenten und der Bundesregierung ist das bereits jetzt der Fall. Die Verankerung der Stellung des Gerichts in der Verfassung selbst dient der Stärkung der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit. Das ist in unseren Zeiten auch nötig. In einigen europäischen Ländern hat sich schon gezeigt: Erhalten Rechtsextreme Macht, versuchen sie sofort den Rechtsstaat auszuhöhlen und sich die Justiz zu unterwerfen. Solchen Szenarien von demokratiefeindlicher Sabotage und Blockade der unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit schieben wir einen Riegel vor.
Übernahme zentraler Strukturvorgaben in das Grundgesetz
Zentrale Strukturvorgaben werden vom einfachen Gesetzesrecht auf die Ebene der Verfassung gehoben. Das sind insbesondere:
- der Status des Gerichts,
- die Amtszeit der Richter*innen (12 Jahre),
- die Altersgrenze der Richter*innen (68 Jahre),
- die Zahl der Richter*innen (16),
- die Zahl der Senate (2),
- der Ausschluss der Wiederwahl der Richter*innen,
- die Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines*r Nachfolgers*in,
- die Bindungswirkung der Entscheidungen des Gerichts und
- die Geschäftsordnungsautonomie des Gerichts.
Möglichkeit eines Ersatzwahlmechanismus
Mit der Reform ist es nun auch dem einfachen Gesetzgeber möglich, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass das gesetzlich zuständige Wahlorgan (Bundestag oder Bundesrat) eine vakante Richter*innenstelle nicht rechtzeitig neu besetzt. Für diesen Fall soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass das Wahlrecht auch durch das andere Wahlorgan ausgeübt werden kann. In das Grundgesetz wird dazu eine Öffnungsklausel eingefügt. Eine solche ist notwendig, weil damit – zeitweilig – von der verfassungsrechtlichen Vorgabe abgewichen werden kann, dass die Mitglieder des BVerfG zur Hälfte vom Bundesrat und Bundestag gewählt werden. Damit wird sichergestellt, dass das BVerfG handlungsfähig bleibt, auch wenn es im zuständigen Wahlorgan zu dauerhaften Schwierigkeiten kommt, sich auf einen von einer Zweidrittelmehrheit getragenen Kandidaten oder Kandidatin zu einigen. So wird etwaigen Blockaden durch demokratiefeindliche Sperrminoritäten entgegengewirkt.
Auf Basis dieser Öffnungsklausel wird im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) zeitgleich ein solcher Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden: Kann sich ein Wahlorgan nicht auf einen Kandidaten oder eine Kandidatin einigen oder wird die Wahl durch eine Sperrminorität blockiert, schlägt – wie bisher schon im BVerfGG vorgesehen – das BVerfG drei Kandidat*innen vor. Bundestag und Bundesrat sind an diese Vorschläge weiterhin nicht gebunden.
Hat das zuständige Wahlorgan nach drei Monaten keine*n Nachfolger*in gewählt, kann auch das andere Wahlorgan an seiner Stelle eine*n Richter*in wählen. Dies bedeutet, dass beide Wahlorgane weiterhin gleichermaßen zur Wahl berechtigt sind. Keines hat dabei einen Vorrang; zum Zuge kommt das Organ, in dem die Wahl zuerst gelingt.
Gesetzentwürfe
Original Quelle: Bündnis 90 / Die Grünen
Bilder Quelle: Pixabay / Copyright Bündnis90/Die Grünen